Unerhörte Zumutung
Das Evangelium vom vergangenen Sonntag ist schon harter Tobak: da fordert Jesus uns auf, unsere Feinde zu lieben. Wir sollen denen Gutes tun, die uns hassen. Wir sollen die segnen, die uns verfluchen. Wir sollen für die beten, die uns beschimpfen. Wir sollen denen, die uns auf die Wange schlagen, auch die andere Wange hinhalten. (vgl. Lk 6, 27,28). Kurz gesagt: wir sollen anders sein. Wir sollen ALLE unsere Mitmenschen lieben, auch die, die uns Böses wollen oder gar bereits angetan haben.
In diesen Worten steckt schon eine ganz gewaltige Zumutung, im Grunde sogar eine unerhörte, ja ungehörige Forderung. Ja, es ist eine Zumutung – aber sehen wir uns doch das Wort „Zumutung“ mal genauer an: in ihm steckt auch das Wort „Mut“. Jesus fordert uns auf, Mut zu haben.
Mut zu haben, zu seinen Worten und Weisungen zu stehen. Mut zu haben, im positiven Sinn anders zu sein. Mut zu haben, auch das schier Unmöglich zu tun: nämlich die lieben, die uns Böses wollen. Doch seine Forderung ist nicht unerhört oder gar ungehörig – denn er hört uns zu, wenn wir mit unseren Sorgen und Problemen zu ihm kommen. Klar, es gehört gehörig viel Mut dazu, nach den Worten und Weisungen Jesu zu leben – aber: er er-hört unsere Gebete und unsere Bitten. Wir sind nicht allein!
Patrizia Magin
Selig sein
Der Herkunft nach bedeutet selig „wohlgeartet, gut, glücklich“ (vgl. Duden). Selig sein ist demzufolge ein Glückszustand und somit ein schönes Gefühl wie wir alle wissen. Sind wir ehrlich: wenn wir glücklich sind, dann sagen wir vermutlich selten „ich bin so selig“, oder?
Am vergangenen Sonntag haben wir im Evangelium die Seligpreisungen Jesu gehört. Übersetzen bzw. ersetzen wir doch mal in Gedanken die Worte „Selig, ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes“ (Lk 6, 20b) durch „Glücklich, …“. Jesus schätzt nicht nur die Armen glücklich, sondern auch diejenigen, die gegen diese Armut ankämpfen – und das bedeutet nicht ausschließlich Unterstützung gegen materielle Armut, sondern auch (gerade in der aktuellen Situation) Unterstützung in seelischer Armut.
Jesus geht zu den Menschen; er steigt vom Berg herunter, um mit ihnen zu reden. Er nimmt sie wichtig und wahr; er stellt die Menschen und ihr Wohlergehen stets in den Mittelpunkt. Wie sieht es mit und bei uns aus? Gehen wir zu den Menschen und reden mit ihnen? Nehmen wir unsere Mitmenschen und ihre Nöte oder Sorgen wahr? Oder reden wir eher von ihnen bzw. über sie? Ein Sprichwort sagt „geben macht seliger denn nehmen“ – nehmen wir das ernst?
Patrizia Magin
"Hier bin ich, sende mich!" (Jes 6, 8b)
Mit diesen Worten endet die erste Lesung am vergangenen Sonntag. Starke Worte – und sie gelten jedem und jeder Einzelnen von uns, auch heute noch. Doch sind wir dazu bereit? Sind wir bereit, das Wort Gottes zu verkünden? Sind wir bereit, zu den Menschen zu gehen – ihnen zuzuhören, für sie da zu sein?
Im Evangelium des vergangenen Sonntags zeigt Jesus den Jüngern einen Ausweg aus ihrem Dilemma, aus ihrer Pleite beim Fischfang. Er gebietet ihnen, bei Tag zu fischen – also das übliche Handeln umzukehren. Und siehe da, es gelingt. Sie fangen so viel, dass ihre Netze zu zerreißen drohen. Simon hat tiefes Vertrauen zu Jesus „Doch auf dein Wort hin werde ich die Netze auswerfen“ (Lk 5, 5b). Ob er insgeheim vielleicht trotzdem gezweifelt hat? Aber er lässt sich überzeugen – und ist erschrocken und überwältigt. Letztendlich bekommt er von Jesus den Auftrag: „Von jetzt an wirst du Menschen fangen“ (Lk 5, 10b).
Beide Schrifttexte sollen uns Mut machen, den Sendungsauftrag anzunehmen – und auch Neues auszuprobieren. Und zwar „jetzt“, nicht irgendwann.
Patrizia Magin
"Doch am größten unter ihnen ist die Liebe" (1 Kor 13,13b)
Am vergangenen Wochenende stammte der Text der 2. Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Korinther und endet mit den oben zitierten Worten. Paulus beschreibt die Liebe als die größte Gabe, die Gott uns geschenkt hat. Gott selbst sagt uns in seiner Liebe viel zu: er schenkt uns seinen Sohn. Paulus beschreibt eindrücklich, was Liebe ist und dass sie allem standhält – gleichzeitig aber auch, was sie nicht ist: die Liebe ist nichts, was anderen Schaden zufügt – weder in einer partnerschaftlichen Beziehung noch in der Familie. Und – auch „Nächstenliebe“ genannt – schon gar nicht anderen Menschen.
Liebe ist nicht greifbar und jenseits von allem, was wir vom Verstand her begreifen können; die Liebe öffnet meinen Horizont und er-öffnet meinen Blick auf die Bedingungslosigkeit, mit der Gott uns liebt. Das sollten wir uns immer wieder bewusst machen und auch unseren Mitmenschen gegenüber dementsprechend handeln.
Patrizia Magin
1 Kor 13, 1 - 13
13,1 Wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke. 2 Und wenn ich prophetisch reden könnte und alle Geheimnisse wüsste und alle Erkenntnis hätte; wenn ich alle Glaubenskraft besäße und Berge damit versetzen könnte, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich nichts.
3 Und wenn ich meine ganze Habe verschenkte und wenn ich meinen Leib opferte, um mich zu rühmen, hätte aber die Liebe nicht, nützte es mir nichts. 4 Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. 5 Sie handelt nicht ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach. 6 Sie freut sich nicht über das Unrecht, sondern freut sich an der Wahrheit. 7 Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. 8 Die Liebe hört niemals auf. Prophetisches Reden hat ein Ende, Zungenrede verstummt, Erkenntnis vergeht. 9 Denn Stückwerk ist unser Erkennen, Stückwerk unser prophetisches Reden; 10 wenn aber das Vollendete kommt, vergeht alles Stückwerk. 11 Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, legte ich ab, was Kind an mir war. 12 Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt ist mein Erkennen Stückwerk, dann aber werde ich durch und durch erkennen, so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin.
13 Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe.