Alltag
Ja, der Alltag ist eingekehrt bei den Jüngern Jesu: am vergangenen Wochenende haben wir im Evangelium gehört, dass die Jünger zum Fischen auf den See hinausfahren, aber ohne Fang zurückkehren. Am Ufer steht Jesus und erwartet sie; sie aber erkennen ihn nicht. Er gebietet ihnen, nochmals hinauszufahren und das Netz nochmals auszuwerfen, dieses Mal auf der anderen Seite des Bootes. Sie nehmen seinen Vorschlag an und werden reich belohnt – das Netz ist übervoll von Fischen. Erst als sie zurückkehren, erkennen sie Jesus.
In meinen Augen gibt es hier gleich zwei bedenkenswerte Aspekte: die Jünger erkennen Jesus nicht sofort – und sie machen dann noch etwas völlig anderes und folgen damit seinem Ratschlag, nämlich das Netz auf der anderen Seite des Bootes auswerfen. Übertrage ich das auf meinen Alltag, dann stelle ich fest, dass ich auch das eine oder andere Mal Tomaten auf den Augen habe und erst, wenn ich ein Problem von (mindestens) einem anderen Gesichtspunkt aus betrachte, eine Lösung oder zumindest einen Lösungsansatz finde. Der zweite Aspekt bringt mich (und vielleicht auch Sie) jedoch noch mehr zum Nachdenken: Wo erkenne ich selbst nicht, dass Jesus, dass Gott neben mir sitzt oder steht und für mich da ist? Wo bin ich zu sehr in meinem Alltag gefangen, um ihn wahrzunehmen?
Patrizia Magin
Zweifelnder Thomas
Da haben wir es wieder: Zweifel. Unglaube, bis der Beweis erbracht ist. Der Apostel Thomas ist uns nicht fremd, ganz im Gegenteil: in jedem von uns steckt vermutlich etwas von der Gestalt des Apostels Thomas. Es ist ja auch unglaublich, was da geschehen ist: Jesus ist von den Toten auferstanden. Und Thomas ist nicht dabei als Jesus den Jüngern erscheint. Er will und kann das erst glauben, wenn er Jesus selbst gesehen hat – mehr noch, wenn er ihn berührt hat. Jesus erscheint den Jüngern wieder und gibt sich auch Thomas zu erkennen. Dabei ist Jesus nicht sauer oder aufgebracht. Nein, er kommt – sogar durch verschlossene Türen – und erbringt Thomas den Beweis, dass er auferstanden ist, dass er den Tod überwunden hat. Aber er ermahnt ihn (und damit uns alle): „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“ (Joh 20, 29b)
Im Evangelium vom vergangenen Sonntag erfahren wir wieder einmal, dass Gott nichts unmöglich ist: er kommt sogar durch verschlossene Türen. Und das gelingt ihm auch bei uns Menschen – er kommt auch zu uns, durch unsere verschlossenen Türen, durch unser mitunter vielleicht verschlossenes Herz. Wir haben die Freiheit, das zuzulassen. Gott lässt sich nicht durch diese verschlossenen Türen abschrecken; er bietet uns immer wieder seine Freundschaft an. Wir müssen nichts weiter tun als dies zuzulassen und zu vertrauen, auch wenn uns – wie beim Apostel Thomas – der augenscheinliche Beweis fehlt.
Patrizia Magin
"Er sah und glaubte" (Joh 20, 8b)
Große und eigentlich unfassbare Worte, die wir im Evangelium nach Johannes lesen können und am Ostersonntag gehört haben: „Er sah und glaubte“ (Joh 20, 8b) Wie geht es uns, wie geht es mir damit?
Wir alle sind keine Zeitzeugen, können uns also nur auf das verlassen, was die Evangelisten aufgeschrieben haben. Ich bin an diesem Halbsatz hängen geblieben: „Er sah und glaubte“ (Joh 20, 8b) und ich frage mich, ob glauben so einfach ist. Weiter noch: glaube ich nur und/oder alles, was ich sehe? Quasi, wenn ich einen „Beweis“ habe? Oder werde ich erst aufmerksam, wenn ich das eine oder andere mehrfach gesehen habe? Oder wenn ich auf eine Sache explizit aufmerksam gemacht, also mit der Nase darauf gestoßen wurde?
Niemand von uns kann erahnen, wie es Maria aus Magdala und den Jüngern ging, als sie vor dem leeren Grab standen und Jesus nicht mehr da war. Und es ist verwunderlich bzw. schwer zu begreifen, dass sie dann „einfach so“ glaubten. Allerdings haben sie Jesus kennengelernt, waren mit ihm unterwegs, haben seine Worte gehört – da war es für sie vielleicht leichter zu glauben.
Vor vielen Jahren war ich in Israel und wir haben u. a. eine solche Grabstätte, vorzustellen eher wie eine Art Höhle, wie sie vermutlich zur Zeit Jesu verwendet wurde, besucht. Es war schon sehr düster darin; draußen war das Wetter noch dazu regnerisch und trübe. Wir setzten uns und hörten an diesem Ort die Auferstehungsgeschichte. Als die Stelle mit der Auferstehung kam, schien plötzlich die Sonne in diese Höhle – für mich ein nahezu magischer Moment. Und wenn ich heute daran zurückdenke und diese Worte aus dem Johannes-Evangelium lese und höre, dann ist es nachvollziehbar, dass diese Worte so aufgeschrieben sind. Dann kann Glauben (bei allen Zweifeln und Fragen, die auch immer wieder da sind) einfach sein, auch ohne Beweis.
Patrizia Magin
Königtum
In der Woche vor Palmsonntag waren König Charles III. und seine Frau zu Besuch in Deutschland. Wie es sich gehört, wurde der rote Teppich ausgerollt und es gab viele Menschen, die den König von Angesicht zu Angesicht sehen wollten bzw. gar die Hand schütteln wollten. Heutzutage gibt es bei den gekrönten Häuptern protokollarische Regeln, die zu beachten und vor allem einzuhalten sind. Nichtsdestotrotz suchen viele der gekrönten Häupter auch immer das sogenannte Bad in der Menge und schütteln auch viele Hände, lassen sich sogar auf Selfies mit ihren Fans ein, die teilweise Stunden ausharren.
Und wie war das damals? Am vergangenen Sonntag haben wir Palmsonntag gefeiert und den Einzug Jesu in Jerusalem. Die Menschen jubelten ihm zu und behandelten ihn wie einen König. Und das, obwohl er keinesfalls ein Monarch war. Er war – trotz seines Königtums – stets den Menschen zugewandt, ganz ohne Starallüren oder protokollarischen Regeln. Zu ihm konnten die Menschen immer kommen; er hatte ein offenes Ohr für sie und lehrte sie die Schrift. Er ist heute immer noch uns Menschen zugewandt – es liegt an uns, dass wir uns für ihn Zeit nehmen und ihm zuhören. Und wir brauchen uns auch nicht um irgendwelche protokollarische Regeln zu kümmern oder ihm den roten Teppich auszurollen.
Vielleicht finden wir in diesen Tagen seines Leidens und Sterbens (mehr) Zeit, uns mit seinem Leben und seiner Botschaft auseinanderzusetzen, um dann in der Osternacht froh und glücklich in das Halleluja einzustimmen.
Patrizia Magin